Das Gehirn: Je größer, desto schlauer
Die böse Marvel-Comicfigur “The Leader” wurde bei einem Unfall der Gammastrahlung ausgesetzt, genau wie der Incredible Hulk. Aber anstatt ihm übermenschliche Kraft zu geben, wurde Leader (früher bekannt als Samuel Sterns) zu einem ultra-intelligenten Genie. Du würdest ihn sofort erkennen, sobald du ihn siehst, denn er trägt einen hoch aufragenden Schädel, der ein absolut massives Gehirn beherbergt. Und wir alle wissen, dass größer besser ist, wenn es um Gehirne geht, oder? Sind Menschen mit einem größeren Gehirn wirklich intelligenter?
Volumen und Intelligenz
Innerhalb der menschlichen Spezies korreliert das gesamte Gehirnvolumen mit der Intelligenz, mit einem Wert von 0,3 bis 0,4 (wobei 1.0 bedeutet, dass es perfekt zusammenpassen würde). Das ist eine Beziehung, die normalerweise als “moderat” beschrieben wird. Entscheidend ist, dass die Beziehung zwischen Hirnvolumen und Intelligenz alles andere als einfach ist.
Ist die Hirnsubstanz entscheidend?
Es könnte sein, dass nur zusätzliches Volumen in bestimmten Bereichen des Gehirns oder aber nur zusätzliche Hirnsubstanz bestimmter Art mit mehr Intelligenz verbunden ist. Forscher haben sich die Zusammenhänge zwischen der Größe der verschiedenen Hirnlappen und der Intelligenz von Menschen angesehen. Die Werte liegen durchschnittlich bei etwa 0,25. Das ist also ein eher geringer Zusammenhang. Die Forscher haben sich auch entweder auf die Menge der grauen Substanz (bestehend aus Zellkörpern) oder der weißen Substanz (die die Verbindungen zwischen den Zellen bildet) konzentriert. Die graue Substanz zeigt eine etwas stärkere Korrelation mit der Intelligenz, aber dennoch nur etwa 0.3.
Schnelle Verbindungen zwischen Nervenzellen
Aiuch wichtig sein für die Intelligenz könnte die Effizienz der Verbindungen zwischen Nervenzellen. Betrachten wir eine Studie unter der Leitung von Paul Thompson von der University of California, in der 92 identische und nicht-identische Zwillinge einer Diffusionstensorabbildung ihres Gehirns unterzogen wurden. Diese Technik zeigt die verbindenden, weißen Stoffbahnen des Gehirns. Thompsons Team fand heraus, dass Teilnehmer, die in Intelligenztests höhere Punktzahlen erzielten, im Allgemeinen schneller waren, sie hatten effizientere neuronale Wege. Es sei also richtig zu sagen, jemand “denke schneller”.
In dem vielleicht ehrgeizigsten Versuch die Grundlagen der Intelligenz im Gehirn zu dokumentieren, analysierten Rex Jung und Richard Haier die kombinierten Ergebnisse von 37 Studien. Der Artikel aus dem Jahr 2007 kam zu dem Schluss, dass die Intelligenz mit 14 bestimmten Regionen verbunden ist, die sich über die Vorder- und Rückseite des Gehirns und die Verbindungen zwischen ihnen erstrecken – das, was sie das P-FIT-Netzwerk nannten (das für parieto-frontale Integrationstheorie steht). Es könnte also die Verbindung zwischen vielen Regionen sein, die wichtig für die Intelligenz ist.
Ist die Größe nun wichtig?
Bezogen auf den Mythos bedeutet das: Größer ist nur manchmal besser (in einigen Bereichen des Gehirns), schnelle und effiziente Verbindungen helfen aber auch sehr. Übrigens, Albert Einsteins Gehirn war auch kleiner als der Durchschnitt.
Es bleiben viele Fragen über die Verbindungen zwischen Hirnsubstanz und Intelligenz bestehen. Sicher ist, dass nicht alle Hirnsubstanzen in gleicher Weise zu komplexen geistigen Fähigkeiten beitragen. Die Leistugnsfähigkeit von Verbindungen ist vermutlich genauso wichtig wie die Größe ansich.