Wir haben eine dominate Hirnhälfte

Haben wir eine dominante Hemisphäre (Hirnhälfte)? Dieser Mythos besagt, dass Rechts-Hirn-Personen im Allgemeinen kreativ, intuitiv und künstlerisch seien, während Links-Hirn-Personen eher Problemlöser seien, also insgesamt linearer und logischer. Der Mythos entstand im 19. jahrhundert, als Wissenschaftler herausfanden, dass Verletzungen am Gehirn sich oft in sehr spezifischen Defekten ausgewirkt hatten. Zum Beispiell führten Verletzungen der rechten Hemisphäre zu Verlusten im räumlichen Denken, während Verletzungen der linken Hemisphäre oft mit Störungen in der Sprache verbunden waren.

Allerdings hat sich dies relativiert, als man mit Gehirn-Scan-Technologie (Magnetresonanztomografie) feststellte, dass die Hemisphären stets zusammenarbeiten. Wenn wir beispielsweise jemandem zuhören, verarbeitet die linke Hirnhälfte vorwiegend Grammatik und Aussprache, während die recht Hirnhälfte Stimmmuster (Intonation, Tempo, Rhythmus usw.) verarbeitet. In ähnlicher Weise haben Experimente gezeigt, dass die rechte Hemisphäre in Bezug auf die räumliche Fähigkeit nicht isoliert arbeitet: Die rechte Hemisphäre scheint sich mit einem allgemeinen Sinn für Raum zu befassen, während die linke Hemisphäre mit Objekten an bestimmten Orten umgeht. Es gibt also Unterschiede zwischen den beiden Hemisphären, diese sind aber kleiner und feiner als ursprünglich angenommen. Der Mythos um dominante Hemisphären ist also falsch. Dies wurde auch durch neuere Studien belegt.

Aber die linke Hirnhälfte kontrolliert tatsächlich die rechte Hälfte des Körpers und umgekehrt. Das kann man äußerst anschaulich mit Transkranieller Magnetstimulation zeigen. Wenn man mittels dieser Technik mit einer Magnetspule die rechte Motor-Region stimuliert (Videodemonstration, Englisch), bewegt sich die linke Hand automatisch! Dies bedeutet auch, dass eine Verletzung auf der linken Seite des Gehirns (z. B. ein Schlaganfall auf der linken Gehirnhälfte) Schäden auf der anderen Seite des Körpers verursachen kann (z. B. Paralyse im rechten Bein).

Wer mehr an der Transkraniellen Magnetstimulation Interesse hat, kann als leichten Einstieg den Bericht von Galileo anschauen. Bitte dabei aber im Hinterkopf behalten, dass es sich um ein populäres Fernsehformat handelt. Die Selbsttests sind nicht als “Wissenschaftliche Erkenntnisse” ernstzunehmen.

Dr. Marian Sauter

Nach einem Studium der Kognitionswissenschaften in Osnabrück und der Neuro-Kognitiven Psychologie in München, schloss Marian einen Doktor in Experimenteller Psychologie ab. Derzeit arbeitet er an als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität der Bundeswehr München in der Allgemeinen Psychologie.

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